Hintergrund

Wie kam es zu dieser Idee?

Im Mai 2009 läuft plötzlich vor meinem inneren Auge eine filmhafte Szene ab, die von solcher Eindringlichkeit ist, dass für einen Moment die Zeit stillzustehen scheint. Ich erkenne mich selbst in einem mir unbekannten, weiß gekachelten Raum an einem Tisch sitzend. Ich habe einen Pinsel in der Hand, sehe mir selbst zu, wie ich ein Bild erschaffe, und stelle zu meiner völligen Verwunderung fest, dass ich Schutzhandschuhe trage. Rote und schwarze Formen verteilen sich wie von selbst über das Papier. Alles ist in Bewegung. Dann sagt jemand, es gehe hier um "Liebe und Tod" und dass dieses Bild mit dem Blut eines aidskranken Menschen gemalt werde ...

Die Vehemenz, mit der sich mir diese Bilder vermittelten, ließen in mir keinen Zweifel aufkommen, dass diese Eindrücke Wirklichkeit sein werden. Und es war klar, dass in der Begegnung zwischen einem Künstler und einem Aidskranken eine besondere symbolische Kraft liegen wird. Schließlich kam in Gedanken eine wichtige dritte Person hinzu: ein Kunstliebhaber, der dieses Bild im Rahmen einer Versteigerung kauft und damit die Möglichkeit eröffnet, das so erworbene Geld an eine gemeinnützige Organisation zu spenden, die mit dem Thema Aids verbunden ist. So schließt sich der Kreis.

Warum Blut?

Die Verwendung von Blut als bildnerisches Ausdrucksmittel und als Bildinhalt hat kulturgeschichtlich eine lange Tradition. Es gibt eine große Anzahl von Künstlern, die mit Blut gearbeitet haben, die Blut dargestellt und damit ihre Aussagen getroffen und gesellschaftliche Themen interpretiert und hinterfragt haben. Ich möchte dazu das Buch "Blood – Art, Power, Politics and Pathology" von J. M. Bradburne (Ed.) erwähnen, das Ende 2002 zu der gleichnamigen Ausstellung des Museums für Angewandte Kunst und der Kunsthalle Schirn, Frankfurt am Main, veröffentlicht wurde, das beeindruckend vor Augen führt, warum Blut von so elementarer Kraft und Bedeutung ist.

Im Zusammenhang mit der hier vorgestellten Aktion kommt dem Blut als Lebensquelle und gleichzeitig als Träger der Krankheitsauslöser eine besondere Rolle zu. Der provozierende Aspekt hilft der Aktion und Thematik, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden.

Zum Thema Sicherheit

Sobald das Blut auf dem Bild getrocknet ist, wird ein tatsächliches Infektionsrisiko nach Ansicht von Virologen als praktisch nicht relevant eingeschätzt.
Es wird aufgrund rechtlicher Bestimmungen in den einzelnen Ländern jedoch darauf hinauslaufen, dass die Blutprobe sterlisiert werden muss, bevor das Bild gemalt wird.

Inhalte und Zielsetzungen

Neben dem konkreten Ziel, Geld für den guten Zweck zu sammeln, will die Aktion Aufmerksamkeit wecken und Bewusstsein schaffen, mit Aids adäquat umzugehen. Hierbei nimmt das Thema Sicherheit eine zentrale Stellung ein. Die im infizierten Blut während des Malprozesses enthaltene Gefahr bleibt für den Betrachter auch nach einer Entschärfung im ausgestellten Bild gedanklich nachvollziehbar und ermahnt zum vorsichtigen Umgang. Der Betrachter gerät in einen Zwiespalt, fühlt sich angezogen vom ästhetischen Ausdruck des Bildes und gleichzeitig zurückgehalten vom Wissen um die Krankheit. Genau in diesem ambivalenten Spannungsfeld befindet sich die Gesellschaft im Umgang mit Aids.

Warum dieser Titel: "LIEBE und TOD?"

Es wäre sicherlich einfacher gewesen, das Wort TOD nicht zu verwenden. Es wäre weniger konfrontativ gewesen und weniger schwer. Und gerade im Zusammenhang mit AIDS und den neuen Perspektiven und Therapiemöglichkeiten mag es manchem unpassend oder falsch erscheinen, den Tod zu thematisieren.

Ich habe dem Tod selbst tief in die Augen geblickt und sehr schmerzhaft erfahren, was es bedeutet, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich habe großen Respekt vor dem Tod und bin der festen Überzeugung, dass wir nur leben können, wenn wir erkennen und anerkennen welche Bedeutung der Tod in unserem Leben hat.

Ich möchte nochmals ausdrücklich darauf hinweisen, dass im Titel der Aktion ein Fragezeichen "?" nach dem Wort TOD gesetzt wurde, um zur Diskussion aufzurufen und kritisch zu hinterfragen: Wer stirbt heute an AIDS und in welchen Ländern? Wie gehen wir mit der Kluft zwischen den so genannten „entwickelten“ und den „nicht entwickelten“ Ländern (z.B. in Afrika) um? Kann man es sich leisten, den Tod, der durch die neuen Therapien nun seine abschreckende Wirkung zu verlieren scheint, nicht mehr zu thematisieren? Erscheint Aids nicht mehr zwangsläufig lebensgefährlich? Wie wird man gleichzeitig der weltweiten Gefahr und der Hoffnung auf Heilung oder Nicht-Erkrankung gerecht?

Im Titel steht außerdem ein zweites Wort: die LIEBE, die uns hilft, für das Leben zu kämpfen, die uns ins Leben zieht, die uns in der Begegnung mit anderen Menschen zur tiefen Erfüllung und Wahrheit führt. Und obwohl wir um ihre Existenz wissen und in tausenden von Liedern besingen, scheint sie uns immer wieder verloren zu gehen bis wir wieder erkennen, dass wir immer von ihr umgeben waren.

Es ist sehr interessant zu beobachten, dass in Diskussionen über diese Aktion zu 90% über den TOD gesprochen wird, der LIEBE scheint fast keine Bedeutung beigemessen zu werden. Auch darüber lohnt es sich nachzudenken.

Wie wird das Bild aussehen?

Erste Entwürfe für die Aktion in Berlin können Sie im Bereich "Zum Kunstwerk" sehen. Neben einem übergreifenden bildnerischen Konzept wird jedes Bild inspiriert sein von der landesspezifischen Kultur und damit unterschiedlich aussehen. Ich bin selbst gespannt, wohin die Reise geht.

Wenn Sie informiert werden möchten über den Verlauf der Aktion, abonnieren Sie unverbindlich den kostenlosen Newsletter oder folgen Sie der Aktion auf Twitter unter: @liebetod.